Etwas Neues anfangen. Ein paar Beispiele: Vielleicht hast du den Job gewechselt, im Job eine neue Tätigkeit gelernt oder eine Abteilung kennen gelernt. Oder vielleicht hast du vor einigen Jahren die Sportart gewechselt oder erstmals mit dem Sport angefangen. Oder im privaten Bereich eine Beziehung beendet und eine neue begonnen. Worauf ich hinaus will: Mit etwas (Neuem) zu beginnen, ist kaum jemandem fremd.
Doch wenn wir das alles schon kennen, warum tun sich dann manche Menschen so schwer damit, neue Wege zu gehen?
Was fehlt?
- Leidenschaft, Abenteuerlust, Entdeckerfreude?
- Oder haben sie noch kein Ziel gefunden, für das sie brennen?
- Vielleicht sind sie auch nur zu bequem?
- Oder der Leidensdruck ist – böse formuliert – einfach noch nicht hoch genug?
Der perfekte Plan: Wie schön das wäre!
Haben wir uns dann endlich aufgerafft, etwas Neues zu starten, hätten wir am liebsten gleich eine detaillierte Schritt-für-Schritt-Anleitung an der Hand, die uns 100-prozentige Sicherheit gibt.
Pläne zu schmieden und Ziele in einzelne Schritte zu zerlegen, macht mir auch viel Spaß, na klar! Wir bringen alles in eine logische und vor allem chronologische Reihenfolge und nehmen die Zukunft gedanklich einfach vorweg. Auf der anderen Seite müssen wir viel Zeit in einen Plan „investieren“ (manch einer würde vielleicht „verschwenden“ sagen), der dann
a) zu viele Details erhält,
b) nicht umgesetzt wird oder
c) in der Praxis nicht funktioniert.
Deshalb vergiss die Sache mit dem „perfekten“ Plan. Den gibt es nicht. Genauso wenig wie eine 100-prozentige Sicherheit, dass der Plan aufgeht und du tatsächlich ans Ziel kommst.
Ein Ziel zu erreichen ist ein komplexes Thema. In der Zeitschrift „Komplex – das Magazin für vernetztes Denken und Komplexitätsmanagement“ habe ich schon einmal beschrieben, wie dir die Box-Metapher helfen kann, Komplexität zu verstehen. Deshalb hier nur ganz kurz: Du hast bei einem komplexen System viele verschiedene Elemente, die miteinander in Beziehung stehen. Es gibt Rückkopplungen und zeitverzögertes Verhalten. Außerdem können Dinge passieren, die nicht geplant waren – alles ziemlich ähnlich wie bei der Zielerreichung im Alltag bzw. in einem Boxkampf. Wenn es dich interessiert, dann lies hier den Artikel „Boxen macht Komplexität erlebbar“.
Anfangen. Dranbleiben. Durchboxen.
Ein Plan ist gut. In der Praxis haben sich Pläne von vier bis sechs Wochen bewährt. In dieser Zeit wird wertschöpfend gearbeitet, nach vier bis sechs Wochen innegehalten und eventuell nachjustiert. Diese Vorgehensweise erinnert mich an die Sätze meines Trainers Rüdiger May beim Quizboxen: „Fang erstmal an. Den Rest machen wir unterwegs.“
Einen Boxkampf kannst du wie jeden anderen sportlichen Wettkampf nicht wirklich planen und vorhersagen. Du kannst dir vorher ein Ziel oder Endergebnis vorstellen, es visualisieren und auch dein Training darauf ausrichten.
Doch eine 100-prozentige Sicherheit gibt es nicht, weder bei sportlichen noch bei beruflichen Zielen. Deshalb ist es wichtig, die Unsicherheit zu akzeptieren, den Umgang mit ihr zu lernen und sie auszuhalten.
Ein Patentrezept für den Umgang mit der Unsicherheit kann ich dir leider nicht geben! Mein bestes Rezept ist bis heute eine gute Vorbereitung. Je besser meine Vorbereitung, umso größer ist mein Selbstvertrauen.
Selbst im Falle einer Niederlage weiß ich, dass ich alles in meiner Macht Stehende getan habe, um ans Ziel zu kommen. Wenn es am Ende nicht reicht, war der andere besser und es sollte nicht sein. Und wer weiß, wozu die Erfahrung gut war.
…und wie soll ich jetzt anfangen?
Für deinen Alltag bedeutet das:
- Konkretisiere dein Ziel: Beschreibe auf einem DIN-A4-Blatt dein Ziel möglichst detailliert. Unabhängig davon, ob es ein sportliches, berufliches oder privates Ziel ist. Schreibe einfach in 20 bis 30 Minuten deine Gedanken nieder, wie es sein könnte, wenn du dein Ziel erreicht hast. Du kannst auch Bilder oder Fotos verwenden und eine sogenannte Ziel-Collage erstellen.
- Tabelle Vor- / Nachteile. Nimm dir ein weiteres DIN-A4-Blatt und zeichne ein großes „T“ in die Mitte. Schreibe in die linke Spalte alle Nachteile, die sich ergeben, wenn du jetzt nicht beginnst. Und in die rechte Spalte schreibst du alle Vorteile, die du dir von der Zielerreichung versprichst.
- Überprüfe deine Erwartungshaltung im Kopf. In den meisten Fällen zwingt dich keiner, gleich „all in“ zu gehen. In der Regel kannst du dein Vorhaben ganz in Ruhe alleine oder im kleinen Kreis testen und erste Erfahrungen sammeln. Dafür ist allerdings Punkt 4 wichtig.
- Anfangen. Zerlege deine Ziele in kleine Schritte, in sogenannte Mini-Tasks. Anschließend gehst du zunächst nur einen ganz kleinen Schritt, dann vielleicht noch einen und vielleicht sogar noch einen weiteren.
- Null-Bock-Tag erwischt? Und wenn du einen „Null-Bock-Tag“ erwischt haben solltest, gehst du auf deinem Weg zum Ziel eben nur fünf Minuten. Stelle den Timer ein und arbeite in dieser kurzen Zeit an einem deiner Mini-Tasks. Es sind nur fünf min.Und wenn du merkst, dass es funktioniert, verlängere einfach für weitere fünf Minuten. Wenn du aber nach den ersten fünf Minuten merkst, dass es heute nichts wird, dann höre wieder auf.
- Dranbleiben. Durchboxen. Und nach vier bis sechs Wochen setzt du dich hin und justierst nach
Der wichtigste Schritt ist das Anfangen. Wenn du erst einmal „drin“ bist, fällt das Dranbleiben umso leichter. Tipp: Lass das Anfangen zur Gewohnheit werden. Schon nach kurzer Zeit stellst du unbewusst auf „Auto-Pilot“. Du musst nicht mehr lange darüber nachdenken oder dich daran erinnern, sondern gehst ohne zu zögern in die Umsetzung!
Fazit
Ein Boxkampf lässt sich genauso wenig planen und vorhersagen wie ein sportliches, berufliches oder persönliches Vorhaben. Formuliere ein richtungsweisenden Ziel und bereite dich gut darauf vor – und dann fängst du an! Kleine Schritte sind besser als keine. Und wenn es läuft, justiere deinen Plan immer wieder nach, wenn es erforderlich wird. So kommst du deinem Ziel Schritt für Schritt näher. Und mit dem letzten Schritt bringst du Plan und Vorhaben ins Ziel.
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