Sind Boxer die toleranteren Menschen?

Solche Fragen ergeben sich, wenn dem „Zufall“ eine Chance geboten wird.

Vor einigen Wochen habe ich auf meinem XING-Profil einen Profilbesucher angeschrieben und nachgefragt, wie er auf meine Seite gekommen ist oder ob er etwas Bestimmtes gesucht hat. Es folgte eine erste Kontaktaufnahme. In einem Telefonat kamen wir dann auf die Frage:

Sind Boxer tolerant oder gar die toleranteren Menschen?

Wenn das stimmt, bedeutet es auch, dass alle Nicht-Boxer intolerant sind? Eine schwierige Frage, auf es keine schnelle Antwort geben kann. Trotzdem starte ich den Versuch einer Annäherung.

Toleranz ist eine persönliche Entscheidung

Das Verb „tolerare“ bedeutet: ertragen, erdulden, aushalten. Im Allgemeinen werden derartige Begriffe nur im Zusammenhang mit unangenehmen Dingen verwendet – oder mit andersdenkenden Menschen. Menschen, die vielleicht nicht unbedingt der Norm entsprechen – eine Randgruppe, eine Minderheit, nicht der Mainstream. Das sind Menschen, die nicht „normal“ sind. Auch wenn die Person und seine Lebensgeschichte nicht bekannt sind, machen wir uns schnell ein Bild von anderen und beginnen, sie zu bewerten.

Boxen ist hierfür ein gutes Beispiel. Wenn Sie bei der Google-Bildersuche „Boxen“ eingeben, werden hauptsächlich blutige und brutale Bilder zu diesem Stichwort angezeigt. In Ihrem Kopf bildet sich sofort eine erste Meinung. Kommt dann jemand mit dem Thema „Boxen“ um die Ecke, werden diese Bilder im Hinterkopf sofort aus dem Unterbewusstsein abgerufen, sind schlagartig präsent. Eine einfache Gleichung entsteht: Boxen = blutig + brutal.

Aber die Realität ist glücklicherweise ganz anders! Es herrscht eine gute Stimmung, voll Respekt und Disziplin. Und für alle gelten die gleichen Regeln – ohne Ausnahme. Jeder wird toleriert und so akzeptiert wie er ist. Keiner macht sich über das Aussehen oder Können eines anderen lustig. Bis richtig mit Körperkontakt geboxt wird, kann je nach Trainingsfleiß und Intensität vergehen mehrere Monate bis Jahren.

Das Training, das Verhalten in der Gruppe sowie die Philosophie vom Boxen prägen den Menschen sowohl im Berufs- wie auch im Privatleben. Sie lernen, mit einer anderen Wahrnehmung durchs Leben zu gehen. Sie werden gelassener, bauen Hemmungen ab und packen mit einem Mal auch unangenehme Aufgaben an, die andere loslassen und erst einmal aufschieben würden.

„Jeder Jeck ist anders“

Ich komme durch meine Arbeit als Box-Referent mit vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt. Sie haben unterschiedliche (Charakter-) Eigenschaften und Berufe, kommen aus anderen Städten. Und trotzdem ist eines immer gleich: Alle möchten mit Respekt und Wertschätzung behandelt werden.

Ich bin der Meinung, dass jeder so leben und arbeiten soll wie er will – solange er damit keinen anderen Menschen in seinem Umfeld seelisch, geistig oder körperlich verletzt – sei es privat oder beruflich.

Ich bin oft geschäftlich in Köln. Der Kölner sagt:„Jeder Jeck ist anders.“ Und das finde ich gut.

Jeder Mensch auf dieser Welt hat unterschiedliche Stärken, Schwächen, gute und schlechte Eigenschaften, Wünsche, Träume, Sorgen, Sehnsüchte und Ziele. Tolerieren Sie die Einzigartigkeit eines anderen Menschen und respektieren Sie dessen Lebensstil.

„Einem Löwen ist es auch egal, was Schafe über ihn denken.“

Können Sie eine andere Meinung ertragen oder empfinden Sie Kritik als persönlichen Angriff?

Im Rahmen einer Weiterbildung habe ich ein Seminar zum Thema „Streitkultur“ mit Michel Friedmann besucht. Er genießt nicht gerade den besten Ruf. Viele halten ihn für streitsüchtig, aggressiv und unhöflich. Ich habe ihn völlig anders wahrgenommen: Er ist sehr präzise, denkt scharf und logisch. Er traut sich, im richtigen Moment das Gespräch zu stoppen und kritisch nachzufragen. Das zwingt andere und mich dazu, klarer und intensiver über meine Sicht der Dinge nachzudenken. Und das fand ich großartig!

Sicherlich ist mir wichtig, was andere Menschen von mir denken. Das will ich gar nicht abstreiten. Aber ich differenziere: Was meine Familie, Freunde und Kunden von mir denken, ist mir sehr wichtig. Viel weniger Gewicht haben für mich jedoch Äußerungen von Kritikern, die mir ungefragt zurufen, was sie alles nicht so gut finden. Damit will ich nicht sagen, dass jegliche Kritik von mir abprallt oder mich überhaupt nicht interessiert – ganz im Gegenteil.

Es geht darum wie Kritik an mir geübt wird: Ist sie konstruktiv, trifft sie den Ton oder ist sie mir gegenüber emotional-verletzend, gar respektlos? Kommt sie auf den Punkt, oder geht es um etwas ganz anderes? Jede Art konstruktiver Kritik findet bei mir Gehör und Beachtung. Damit setze ich mich gerne auseinander. Vielleicht ist sie sogar angebracht, oder aber auch nicht. Doch das ist eine ganz andere Frage.

Fazit

Ob Boxer nun toleranter sind als andere Menschen, darf jeder für sich beantworten. Was ich aus meiner eigenen Erfahrung sagen kann ist, dass ich Boxer als sehr tolerante Menschen kennen gelernt habe. Bis heute habe ich noch keinen einzigen Boxer gehört, der sich über Nicht-Boxer lustig gemacht oder sie kritisiert hat. Er könnte ja auch zu einem Nicht-Boxer sagen: „Du boxt nicht? Dann bist du wohl ein Weichei, kein richtiger Mann! Oder bist du ein Angsthase?“ Er macht es aber nicht. Warum sollte er auf „Andersdenkende“ so reagieren? Er hat gelernt, Ansichten, Meinungen und den Lebensstil anderer zu respektieren. Und darauf kommt es an.

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Bild: ©privat